am Küchentisch in morgendlichem Schaffensdrang
Es gibt eine Geschichte von Lovecraft, in der er die grausame Rache der Katzen an einem sadistischen Paar beschreibt. Im Grunde steckt hinter der Geschichte nicht viel, jedenfalls nicht im gleichen Sinne wie in H. P. Wells' Hochöfen.
In Ulthar lebte ein Pärchen, das sein "Vergnügen daran fand, die Katzen der Nachbarn in Fallen zu fangen und umzubringen." Die anderen Bewohner Ulthars stören sich zwar daran, unternehmen aber nichts; denn es ist ihnen immer noch lieber, es sterben Katzen als ihre Kinder. Eines Tages nun kommen Fremde in die Stadt.
"Aus welchem Land die Wanderer stammten, vermochte keiner zu sagen; doch zeigte sich, daß sie seltsamen Gebeten zugetan waren, und daß sie auf die Seiten ihrer Wagen merkwürdige Figuren mit menschlichen Körpern und den Köpfen von Katzen, Falken, Widdern und Löwen gemalt hatten. Und der Führer der Karawane trug einen Kopfputz mit zwei Hörner und einer eigentümlichen Scheibe dazwischen."
Die Katzen von Ulthar, Howard P. Lovecraft
Leser im 21. Jahrhundert nehmen nun wahr, dass es sich offenbar um Reisende aus dem Land der Pharaonen handeln muss, denn wir erkennen Isis' Kopfputz in der Beschreibung wieder. Unter den Reisenden ist ein kleiner Junge, Menes, der ein kleines Kätzchen nach Ulthar bringt.
"Zu dieser sonderbaren Karawane gehörte ein kleiner Junge, der weder Vater noch Mutter hatte, nur ein winziges schwarzes Kätzchen zum Liebhaben. Die Pest war zu ihm nicht freundlich gewesen, hatte ihm jedoch dies kleine bepelzte Wesen zur Linderung seiners Kummers gelassen; und wenn man sehr jung ist, kann man in den lebhaften Possen eines schwarzen Kätzchens viel Trost finden. So lächelte der Junge, den die dunkelhäutigen Leute Menes nannten, viel öfter als er weinte, wenn er mit seinem anmutigen Kätzchen spielend auf den Stufen eines wunderlich bemalten Wagens saß."
Menes' Kätzchen verschwindet nun eines Tages. Die Bewohner Ulthars erzählen ihm von dem finsteren Paar - und was macht Menes? "Und als er diese Dinge vernahm, wich sein Schluchzen tiefem Nachdenken und schließlich einem Gebet."
Damit beschwört Menes merkwürdige Dinge herauf. Isis ist darunter, aber offenbar auch weitere Bewohner des ägyptischen Pantheons wie zum Beispiel Bastet. Am nächsten Tag ziehen die Wanderer weiter. Bald darauf stellen die Bewohner Ulthars fest, dass sämtliche Katzen spurlos verschwunden sind. Für einen Teil ist klar, dass das Verschwinden mit dem alten Paar in Verbindung steht. Andere sind der Meinung, dass Menes' seltsames Ritual das Verschwinden der Katzen bewirkt hat. Beide haben recht, wie sich zeigen wird.
Am nächsten Morgen sind alle Katzen mit einem Mal wieder da - sehr geschmeidig und fett. Sie haben auf Tage hinaus keinen Hunger und wollen nicht fressen. Es dauert eine Weile, bis den Bewohnen Ulthars auffällt, dass im Haus des finsteren Paares kein Licht brennt. Sie schauen nach und stellen fest, dass von ihnen nur sauber abgenagte Skelette übrig geblieben sind.
Die Cats of Ulthar gibt es hier vollständig. Die Geschichte entstand im Jahr 1920. Lovecraft war ausgemachter Katzen-Liebhaber. Vermutlich steckt also gar nichts weiter hinter der Geschichte als der mögliche Verlust eines bepelzten Lieblings.