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29. Mai 2008

Schlaumeier, Besserwisser, Nervensägen

Morgens am Küchentisch

Eigentlich hatte ich vor, meine Sammlung von Raubtier-Lyrik noch ein wenig zu erweitern. Es gibt auch noch ein paar gute Kandidaten dafür. Aber vorher kehre ich zu einem anderen Lieblingsmotiv zurück: Joseph Conrad. Hier ist eine hervorragende Charakterisierung aller schlaumeiernden und besserwisserischen Zeitgenossen, die sich in den vergangenen Wochen ganz besonders viel Mühe gegeben haben, an meinen Nerven zu sägen.

"Er war von jenem unwiderstehlichen Drang besessen, seine Kenntnisse mitzuteilen, der untrennbar mit krasser Unwissenheit verbunden ist. Der unwissende Mensch weiß stets über irgendeinen Gegenstand Bescheid, der dann zum einzig kennenswerten Gegenstand wird und das Universum des Ignoranten ausfüllt."
Der Verdammte der Inseln, Joseph Conrad

Ich arbeite daran, diesen Gurkennasen mit yogischem Gleichmut zu begegnen. Aber was macht man, wenn man einem solchen Zeitgenossen bereits auf den ersten Blättern eines Buches begegnet, es sich um die Hauptfigur handelt und man weiß, dass man ihn von nun an lange Zeit an der Backe haben wird? Unterträglicherweise ist die Besessenheit des Protagonisten nun auch noch selbstreflexiv.

"Willems wußte nun alles über sich selbst. Seit dem Tage an dem er unter großen Befürchtungen heimlich den holländischen Ost-Indienfahrer in Samarang verlassen hatte, betrieb er das Studium der eigenen Person, der eigenen Verhaltensweisen, der eigenen Fähigkeiten, also jener das Schicksal bezwingenden Eigenschaften, welche ihn zu der einträglichen Stellung geführt hatten, die er nun einnnahm."

An Conrads Stelle wäre mir zum Weglaufen zumute bei dem Gedanken, die nächsten paar hundert Seiten mit diesem Unsympathen zubringen zu müssen. Aber vielleicht ist die Sektion ja der befriedigendere Weg ...