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31. Dezember 2007

Die genaue Zeit

bei Dunkelheit

Wir sind praktisch schon auf dem Weg zum silvesterlichen Käse-Fondue. Was mich immer wieder fasziniert, sind die Zeitzonen dieses Planeten. Der Verwandtschaft am anderen Ende der Welt haben wir schon vor acht Stunden ein frohes neues Jahr gewünscht. Da ist jetzt schon früher Morgen. In Neuseeland ist man uns derzeit exakt zwölf Stunden voraus.

Die genaue Zeit gibts hier.

Bis zum nächsten Jahr

30. Dezember 2007

Prähistorische Schlachten

Tatort-Zeit, daheim

Da ich ja heute nun schon mal auf den literarischen Spuren der Vor- und Frühmenschen unterwegs gewesen bin, bin ich auf eine weitere Erzählung gestoßen. Sie stammt aus dem Jahr 1921. Herbert G. Wells saß in Easton Park, seinem Anwesen in Essex, als er die Geschichte niederschrieb. Hier ist nichts zu spüren von der Morgenröte der Menschheit. Wells ging es um die Prähistorie Europas. Hier in Europa lebten in der Vorgeschichte verschiedene Menschenarten. Zunächst war da der Mensch von Chelles. Wells kennt von ihm nur die Werkzeuge und den Unterkiefer (der aus Mauer stammt und dieses Jahr 100 wird). Aber die Werkzeuge sagen uns folgendes:

"Es muß wohl ein riesiger Kerl gewesen sein, sicherlich bedeutend größer als ein Mensch. Er war gewiß imstande, einen Bären beim Genick zu packen und den säbelzahnigen Löwen an der Kehle."

Danach lebten die Mousterianer oder Neandertaler:

"Sie hatten einen eigentümlich schlenkernden Gang, konnten ihren Kopf nicht zum Himmel wenden und ihre Zähne waren ganz anders als Menschenzähne. (...) Der untere Teil seines Gesichtes war länger, die Stirne niederer als beim Menschen, aber das lässt nicht darauf schließen, daß er weniger Hirn hatte. Sein Gehirn war so groß wie das eines modernen Menschen, nur hatte es eine andere Form, es war hinten größer, vorne kleiner, so daß er wahrscheinlich anders dachte, sich anders benahm als wir. Vielleicht hatte er ein besseres Gedächtnis und weniger Urteilskraft als der wirkliche Mensch oder vielleicht mehr nervliche Energie und weniger Intelligenz."

Diese Mousterianer lebten zeitgleich mit den wirklichen Menschen - unseren Vorfahren. Und das Vordringen des wirklichen Menschen führte dann zu ihrem Verschwinden. Der wesentliche Unterschied zwischen den wirklichen Menschen und den Neandertalern besteht in Wells' Augen darin, dass der erstere eine frühe, wenngleich rohe Form der Sittlichkeit und Moral besitzt, die letzterem fehlt. Die logische Konsequenz ist:

"Die Grizzlys aber können wir nicht verstehen, wir können nicht erfassen, was für seltsame Ideen einander in diesen merkwürdig geformten Hirnen jagten. Genauso könnten wir versuchen, zu träumen und zu fühlen wie ein Gorilla."
Die Grizzlys, Herbert George Wells

In der Erzählung kommt es folgerichtig zu einem prähistorischen Krieg zwischen beiden, in dessen Verlauf die Grizzlys ausgelöscht werden. Wells verteidigt hier eine frühe Variante eines Multispezies-Modells. Damit tun wir uns bis heute schwer; heute allerdings aus anderen Gründen. Dass das Aufeinandertreffen zweier früher Menschenformen zwangsläufig in kriegerische Auseinandersetzungen mündet, dürfte der Zeit geschuldet sein. Aber es ist schon bedrückend: dass der erste konkrete Nachweis über die Begegnung zweier Menschenformen nach Jahrtausende währender Trennung in ihrem Verlauf nur kriegerisch vorgestellt werden kann. Wells hat 25 Jahre zuvor schon einmal in der gleichen Weise über diese Begegnung nachgedacht. Hier gibt es Kurzbesprechungen beider Geschichten.

Hinter uns der Wald, vor uns das Licht

In der Abenddämmerung am Küchentisch

"Dann gab es also keinen anderen Weg in die Zukunft als den, den Wald an seinem Rande zu verlassen, falls es überhaupt ein Ende des Waldes gab und sich alsdann der glühenden Leere, dem bösen "Draußen" anzuvertrauen. Jenes Ungeheuer, die Sonne mußte aufgesucht und bestanden werden. Denn - wer weiß? - am Ende war auch die uralte Lehre von der Furchtbarkeit der Sonne nur so eine Lüge!"
"Und vor dem zitternden Waldmann lag entschleiert das "Draußen". Vor seinen Füßen stürzte der Berg hinab bis in unkenntliche rauchende Tiefen, gegenüber sprang rosig und juwelenhaft ein Felsgebirge empor, zur Seite lag fern und riesig das dunkle Meer, und die Küste lief weiß und schaumig mit kleinen nickenden Bäumen darum her. Und über dies alles, über diese tausend neuen, fremden gewaltigen Formen zog die Sonne herauf und wälzte einen glühenden Strom von Licht über die Welt, die in lachenden Farben entbrannte."
"Auf Händen und Füßen kletterte Kubu den steilen Abgrund hinab, dem Licht und dem Meere entgegegen, und über seine Seele zitterte in flüchtigem Glücksrausch die traumhafte Ahnung einer hellen von der Sonne regierten Erde, auf welcher helle, befreite Wesen im Lichte lebten und niemand untertan wären als der Sonne."
Der Waldmensch, Hermann Hesse

Eine weitere Variante der Erzählungen über die Menschwerdung. Hesse hat sie 1914 geschrieben - zu einer Zeit also, in der ausschließlich Neandertaler-Fossilien aus Europa und Pithecanthropus-Fossilien aus Java bekannt waren. Die ersten 'afrikanischen Südaffen' harrten noch ihrer Entdeckung. Auch der Peking-Mensch war noch nicht hervorgetreten. Das älteste bekannte Fundstück, der aufgerichtete Affenmensch, stammte von Trinil. Es ist im Jahr 1891 gefunden worden. Auf der Weltausstellung in Paris im Jahr 1900 wurde erstmals eine plastische Rekonstruktion dem staunenden Publikum in Europa präsentiert. Der Maler Gabriel Max schuf ein Gemälde (hier rechts zu sehen) - vermutlich eine der frühesten Rekonstruktionen fossiler Menschen überhaupt.

Wenn Hesse also über Kubu schrieb, dann muß er an ein Wesen, wie das abgebildete gedacht haben. Kubu hat uns, den "hellen, befreiten Wesen, die im Lichte leben", eine mächtige Bürde hinterlassen. Nachdem er den ersten Schritt aus dem Wald heraus getan hat, ist seine Erwartung an die Zukunft und damit an uns, dass von nun an alles besser, jedenfalls lichter wird.

Naturgeschichtlich hat Hesse aller Wahrscheinlichkeit nach komplett falsch gelegen. Die Sache mit "aus dem Wald" war längst erledigt, als der Pithecanthropus in Java lebte. Das haben seine afrikanischen Vorläufer mehrere Millionen Jahre zuvor bewerkstelligt. Am Waldrand, an dem Kubu mit einer Liane festgebunden und so vor dem Absturz bewahrt eine Nacht zubrachte, haben sie vermutlich viele hundertausend Jahre gelebt. Um das beste von beiden Seiten zu geniessen.

Um überhaupt nach Java zu gelangen, mußten Kubus Vorfahren in einer Vielzahl unterschiedlicher Lebensräume ihr Auskommen finden. Aber das wahrhaftig Interessante an Kubu und seinen Verwandten ist, dass sie vermutlich wieder zurück in den Wald gegangen sind - viel früher, als man bislang dachte. Da haben die "hellen, befreiten Wesen" dem Wald und ihrer Vergangenheit so gründlich den Rücken gekehrt, dass sie es fast nicht bemerkt hätten ...

Alleinreisende Frauen

Nachts am Küchentisch

"Am wunderbarsten und herrlichsten erschien es ihr aber, daß die Blumen oben auf der Erde dufteten, was sie auf dem Meeresgrunde nicht taten, und daß die Wälder grün wären und die Fische, die sich dort zwischen den Zweigen blicken ließen, so laut und lieblich singen könnten, daß es eine Lust wäre."
Die kleine Seejungfrau, Hans Christian Andersen

Auch ein großes Stück Reiseliteratur. Was, wenn nicht sehnsüchtiges Fernweh hat denn die kleine Meerjungfrau an Land gelockt? Gefunden hat sie dort jedenfalls unerwiderte Liebe - und sobald sie diese entdeckt hat, ist keine Rede mehr von fantastischen, fliegenden Fischen, smaragdgrünen Wäldern und duftenden Blumen. Das war der Kardinalfehler, den sie gemacht hat: dass sie nicht dem nachspürte, was sie ursprünglich weggelockt hat. Es hätte ihr doch gefallen und sie hat sich die Freude daran nicht gegönnt. Stattdessen hat sie sich von ihrem Herzen fortreissen lassen. Und das ist für eine alleinreisende Frau immer ein Fehler.

29. Dezember 2007

Reisevorbereitungen

Noch daheim in der Küche

Bald geht es los nach Paris - einen ganzen Monat dort leben und arbeiten! Ich freu mich schon sehr drauf; vor allem, weil ich dann auch mal wieder mein Französisch aufpolieren kann. Ist dringend nötig.

Hier werd ich wohnen und hier arbeiten. Es wird ganz schön hin und her gehen - aber ich werde hoffentlich auch viel zum Schreiben kommen.

Bald gehts los ...

Nicht ohne mich!

Küchentisch - Tageslicht

Man gibt mir zu verstehen, dass man mich zukünftig nicht mehr ohne Weiteres ziehen lassen wird. Lisa passt ganz genau in meinen Koffer, findet sie. Ich müsste lediglich das blöde Notebook zuhause lassen. Braucht doch sowieso kein Mensch.

Dabei weiss sie gar nicht, wie wichtig es für mich ist, an sie zu denken, wenn ich unterwegs bin. Nach einer Weile fehlt sie mir schrecklich. Ihre weichen Pfoten- und Nasenstupser, ihr wolliges Fell, ihr missbilligendes Gebrummel, wenn ich sie gerade nicht auf dem Schoß haben will. Ihr demonstratives Desinteresse, wenn ich nach Hause komme und ihrer Meinung nach zu lange weg war. So ist es.

28. Dezember 2007

Alpenglühen

Oberterzen, heimischer Küchentisch - bei Dunkelheit

Heute morgen sind wir schon relativ früh aufgebrochen. Aber die Hausberge haben uns mit atemberaubendem Glühen im Morgengrauen entschädigt. Guckt mal, besser kanns nicht werden, oder?

Hoffentlich gibts bald wieder Berge!

Quinten - Walenstadtberg - Walenstadt

Erster Weihnachtsfeiertag, Oberterzener Stube im Kerzenschein

Heute waren wir den ganzen Tag unterwegs. Und was für eine Tour! Strahlender Sonnenschein bis auf den Seespiegel! Atemberaubende Ausblicke. Und da wir am Vortag in tieferen Lagen Nebel hatten, waren die Baumwipfel dort unten heute mit Raureif verzuckert. Weiter oben liegt sowieso schon Schnee.

Bei strahlendem Sonnenschein nahmen wir das Wassertaxi von Murg nach Quinten - einmal quer über den See. Von dort kletterten wir hinauf nach Walenstadtberg - und dann wieder hinunter nach Walenstadt. Wir waren ein paar Stunden unterwegs und ich kam ziemlich durchgefroren und außer Atem in Walenstadt an. Immer ein paar Meter hinter den anderen. Ich bin halt eine echte Laufschnecke. Aber das liegt ganz einfach daran, dass es so viel zu sehen gibt. Ich muss eben immer stehenbleiben und gucken.

Und es gab so viel zu sehen! Nicht nur diesen abgedrehten Raureif als Entschädigung für den kalten, feuchten Nebel am Tag zu vor. Sondern auch eingefrorene Bäche und Wasserfälle. Und Eiszapfen, die nach oben wachsen - das Bild steht nicht auf dem Kopf.

Am Ende gings dann mit dem Bähnli von Walenstadt wieder zurück nach Murg.

Hochgradig infektiös

Heilig Abend in der Oberterzener Stube

Heilig Abend - Zeit für Last Minute shopping und Heizungsmonteure. C. und ich sind nach Walenstadt gefahren und haben Speise-Requisiten für die nächsten Tage eingeholt. I. erwartete den Heizungsmonteur im Chalet.

Da der Mann ein wahrhaft großes Herz hat, tauchte er noch vor Mittag auf und reparierte unsere Heizung. Was genau kaputt war, hab ich nicht verstanden - aber es hatte was mit Ventilen und dem Gemisch zu tun. Déjà vu! Unser Vehikel am Vortag litt an derselben rätselhaften Schwäche!

Schweiz mit Hindernissen

Sonntag vor Weihnachten in der Oberterzener Stube

Die letzten Tage haben wir in der Schweiz verbracht - mit der Absicht, dort geruhsame und stille Weihnachtsfeiertage zu verbringen. Aber irgendwie war der Wurm drin.

Das begann schon mit der Anreise: Wir waren im Auto unterwegs, kamen aber keine 100 km weit. Dann fing der Motor an zu stottern und das Gefährt liess uns im Stich. Ratlosigkeit machte sich breit. Immerhin wurden wir zur nächsten Werkstatt geschleppt, die aber am Sonntag, den 23. Dezember, hauptsächlich sehr teuer zu werden drohte. Stirnrunzeln machte sich breit. Schließlich fassten wir den Entschluss, nach Frankfurt zurück zu kehren - soviel war dem Wagen noch zuzumuten. Dort besorgten wir ein neues Auto und brachen dann mit knapp sechsstündiger Verspätung in die Schweiz auf.

Bis wir dann in Oberterzen eintrafen, war es natürlich stockdunkel. Und - viel schlimmer noch - Nebel waberte über dem Walensee. Aber ein paar hundert Meter weiter oben, riss der Himmel plötzlich auf: beinahe Vollmond, der Nachthimmel sternenübersät. Atemberaubend!

Allerdings hatten wir zu dem Zeitpunkt noch keine Ahnung, dass uns neues Unheil erwartete. Leider hatte in den vergangenen Wochen die Heizung nicht funktioniert. Wir brachten sie auch an diesem Abend nicht mehr zum Laufen. Sogar das Blumenwasser war gefroren. Draussen waren Temperaturen um den Gefrierpunkt, drinnen waren es ein paar Grad weniger. Und dank der geschlossenen Läden, hat sich die Kälte tapfer gehalten. Das war exakt, was uns gefehlt hat - nach zwölfstündiger Anreise und ohne Abendessen.

Aber: Wer Sorgen hat, hat auch Wärmflaschen ... Immerhin hatten wir ja noch Strom.

22. Dezember 2007

Schnee und so

Oberterzen, am abendlichen Küchentisch

Endlich frei! Fast wie Weihnachten ;-). Und morgen fahren wir in zugangsfreie Gefilde, elektronische Wildnis. Aber dafür gibt es sonst alles: Schneeflocken (Ketten nicht vergessen!), Schneemänner, Schlittenfahrten, das Thermalbad! Oh, ich kanns kaum erwarten!

Endlich wieder unterwegs ...

20. Dezember 2007

Aleppo-Kiefer und Libanonzeder

morgens am Küchentisch

In diesem Jahr werden die Weihnachtsfeiertage recht besinnlich, aber der Weg dorthin ist ein Alptraum aus Hektik, Stress und Chaos. Ich kann im Augenblick weder links, noch rechts am Wegesrand auf irgendetwas achten - sondern sehe nur das, was unmittelbar vor meiner Nase liegt. Nicht einmal zum Lesen komme ich noch. Dazu bin ich viel zu müde!

Gestern Abend hatte ich dennoch eine seltsame Reisebegegnung. Wir waren in einem syrisch-libanesischen Restaurant. Das Restaurant war makellos, das Essen klasse - aber irgendwie hatte ich den Eindruck, als versuche man mit wachsender Verzweiflung den Eindruck zu vermeiden, der Gast befände sich in einem Restaurant mit nahöstlicher Küche. Weil wir partout keinen Wein, sondern nur Wasser zum Essen haben wollten, geriet das Personal ziemlich durcheinander. Hätten sie uns daraufhin einfach unfreundlich behandelt, weil sie das als Ausdruck einer Sparbrötchen-Mentalität missverstanden hätten, wäre das durchaus nachvollziehbar gewesen. Das haben sie allerdings nicht getan. Sie waren nur zutiefst verunsichert, was sie mit uns anstellen sollten.

14. Dezember 2007

Fluctuat nec mergitur!

Paris, morgens am Flughafen

Schon wieder auf dem Weg nach Hause - nach zehn hektischen Tagen und schlaflosen Nächten in Paris. Völlig erledigt, aber sehr glücklich und zufrieden.

Franzosen lieben gutes Essen. Das ist das Schöne an den Besuchen in Frankreich. Für das leibliche Wohl wird immer gesorgt. Und beim Essen und mit Essen lassen sich viele unangenehme Dinge leicht aus dem Weg schaffen.