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29. Juli 2008

Giraffen sind fabelhaft!

Makuyuni, Abends im Busch

Es ist allerhöchste Zeit, mal ein Wort über meine Lieblingstiere in Afrika zu verlieren: Giraffen! Sie haben wunderschöne Augen. Außerdem haben sie weiche Lippen.

Trotzdem knabbern sie an Akazien herum, obwohl die doch diese garstigen Dornen haben. Leider findet man keine wirklich hilfreichen Hinweise darauf, wie sie das nun eigentlich bewerkstelligen, ohne sich dabei die Zunge oder die Lippen aufzureissen. Die Dornen stehen so dicht beieinander, dass die hier beschriebene Methode nicht wirklich funktionieren kann. Aber vielleicht zeigen sie ja hauptsächlich in eine Richtung. Damit könnte die Giraffe die Blätter von der anderen Seite mit der Zunge angeln.

Das Beste an den Giraffen ist aber ihr wiegender Gang. Sie schaukeln gemächlich an mir vorbei, werfen einen unbeteiligten Blick nach unten und verfolgen von da oben aus den Lauf der Dinge, unberührt von den Fährnissen der Welt und des irdischen Daseins der Winzlige zu ihren Füssen. Sie wirken, als ob sie nicht wirklich von dieser Welt wären. Ihrem außerirdischen Charakter eingedenk ist es auch nicht verwunderlich, dass es ein Sternbild 'Giraffe' gibt. Der majestätische Hals macht deutlich, seit wann Europäer um die Existenz von Giraffen wissen. Es wurde bereits im 17. Jahrhundert beschrieben, um eine vermeintliche Lücke im Sternenhimmel der nördlichen Hemisphäre zu schließen.

Die Puschel auf den Hörnern liefern übrigens einen leicht erkennbaren Anhaltspunkt, um die Geschlechter zu unterscheiden. Giraffen-Kühe tragen, wie ich jetzt gelernt habe, diese zauberhaften Puschel, Giraffen-Bullen sind an dieser Stelle kahl.

13. Juli 2008

Prolog: Glauburg-Stockheim - Lauterbach

Tour-Tagebuch: Der Berg ruft!

Das war heute die Übungsetappe für die geplante Radtour im August: 77 km mit 423 zu überwindenden Höhenmetern, deren Hauptteil sich im Laufe von 20 Kilometern zwischen Ortenberg und dem Col de Hartmannshain unüberwindlich übereinander türmen. Schroffe Basaltfelsen, die schrundigen Klüfte des Vogelsbergs und schließlich die sanften Hügellandschaften der mittelhessischen Provinz.

Wir nahmen die Etappe heute früh von Glauburg-Stockheim aus in Angriff. Dabei haben wir einen kurzen Blick auf das Grab des Keltenfürsten geworfen. Allerdings mussten wir dafür den ganzen Glauberg hochfahren - und so war unser Einstieg in den Vulkanradweg ja nicht gedacht. Ich hatte beim Einstieg leichte technische Probleme, so dass C. in Führung ging. Der neutralisierte Start erfolgte dann glücklicherweise erst in Stockheim, als es mir gelungen war, meine technischen Schwierigkeiten zu ignorieren.

Von Stockheim aus ging es zunächst eben bis Ortenberg. Kurz hinter Ortenberg folgte dann aber der erste, bereits recht scharfe Anstieg auf die Höhe von Hirzenhain. Bei km 20 passierte die Strecke Gedern. Von dort aus schraubte sie sich Haarnadelkurve um Haarnadelkurve unerbittlich in luftige Höhe. Man biegt um eine Kurve und steht vor einer Wand! Am Ende der trotz trockener Bedingungen an der Strecke anspruchsvollen Steigungen erreichen wir den Col de Hartmannshain, den höchsten Punkt der Strecke. Auf der offenen baumlosen, durch Windrotoren gekennzeichneten Höhe wehte ein strammer, leicht von vorn kommender Wind.

Am Col de Hartmannshain gab es die erste und einzige Bergwertung dieses Tages, bei der ich natürlich in Erwartung der Verpflegungsstelle die maximale Punktzahl einstreichen konnte. Die erste Etappe werde ich daher im gepunkteten Trikot fahren können. Hinter der Verpflegungsstelle (die uns im übrigen prima mit Vanilleeis mit heißen Kirschen versorgt hat) stürzt sich die Route ebenso schroff, wie sie im Vorfeld anstieg, wieder hinunter. Am Fuße dieses langen und schwierigen Abstiegs, der högschde Konzentration erforderte, lag C. in Führung und sicherte sich damit das grüne Trikot für die erste Etappe.

Zwischen Grebenhain und Herbstein verläuft die Strecke relativ eben. Wir wechselten uns in der Führungsarbeit ab und machten eine kurze Stretch-Pause. Von Herbstein, wo wir den in der Karte eingezeichneten Galgen vergeblich gesucht haben, führt die Route dann wieder steil abwärts bis nach Lauterbach. Der Bahnhof liegt am anderen Ende. Die Strecke führt über Kopfsteinpflaster und unsere gequälten Hinterteile haben aufgejault. Am Ende (und nach zweieinhalbstündigem Amüsement in der Bahn) haben wir es dann aber dennoch geschafft und sind wohlbehalten und ohne größere Blessuren wieder daheim.

9. Juli 2008

Muskelkater

Tübingen, Nachmittag mit Schäfchenwolken

Noch immer bin ich in der schwäbischen Provinz. Aber soviel Ruhe und Abgeschiedenheit hat auch seine Vorteile. Ich komme richtig in Ruhe zum Denken - Muße ist ein schönes Wort dafür.

Tübingen ist, wie sein italienisches Pendant, auf mindestens sieben Hügeln erbaut. Egal, wo man herkommt und egal, wo man hinmöchte - ersteres ist stets unten und letzteres immer oben. Um in den Lessingweg zu gelangen, muss ich eine lange, gewundene Straße den Hügel hinauf nehmen. Und die ist ziemlich steil. Sogar die Fahrspuren für den motorisierten Verkehr mussten geteilt werden, weil es dort nicht genügend Platz gibt für zwei nebeneinander. Auf dem Weg zum Institut habe ich die Auswahl zwischen einem langen, steilen, gewundenem Anstieg und einer Treppe mit mindestens hundert Stufen. Letztere ist mir meist lieber. Allerdings leiden auf Dauer die Knie erheblich. Mit Blick auf meine höchstpersönliche Mobilität könnte ich auf die Hügel gut und gern verzichten.

Gestern war ich im Sportstudio trainieren. Dort konnte ich festgestellen, dass die Tübinger im Vergleich zu denen zuhause von vornherein schätzungsweise zwanzig Pfund mehr auf solche Maschinen packen, mit denen Beinmuskeln trainiert werden können. Was lernen wir daraus? Die Tübinger haben dank ihrer Trepp-ab-Hügel-auf-Topographie alle ziemlich muskulöse Oberschenkel. Sie gucken auch ziemlich verbissen. Ob das auch an den Hügeln liegt?

7. Juli 2008

Lessing statt Voltaire

Tübingen, kurz vorm Abendessen in der schwäbischen Provinz

Mal eben Voltaire gegen Lessing eingetauscht. Jetzt frag ich mich natürlich, ob das so eine gute Idee war. Aber Tübingen ist sehr gemütlich, schwäbisches savoir vivre, wenngleich vielleicht auch nicht mit französischer Eleganz. Aber gut gehen lassen kann man es sich schon hier.

Im Augenblick bescheint die Sonne die Altstadt weiter unten vor meinem Fenster. Ein Lüftchen säuselt durch die Blätter, die leise rascheln. Ich habe im Lessingweg Quartier bezogen. Eigentlich hat Tübingen, soweit ich sehen kann, sonst nichts mit Lessing zu tun. Aber immerhin war Lessing ein Zeitgenosse Voltaires und die beiden sind sich wohl auch begegnet, wenn auch in Berlin und nicht in Tübingen.

6. Juli 2008

Café Le Voltaire

Argenton-sur-Creuse: Blaue Stunde am späten Nachmittag

"Le travail éloigne de nous trois grands maux: l'ennui, le vice, et le besoin."
Candide, ou l'optimisme, Francois Marie Arouet Voltaire

Nach ein paar regnerischen Tagen sitzen wir jetzt verträumt, aber immerhin trocken vor dem Café Le Voltaire. Die Sommer-Schule neigt sich ihrem Ende und bald geht es wieder nach Hause ins Hamsterlaufrad.

Das soll mich aber nicht davon abhalten, hier nochmal über einem Demi zu philosophieren. In Ruhe geht das sowieso alles viel besser als daheim, wenn die Gedanken einander durch mein Hirn hetzen. J. zufolge hängt das alles mit meiner mehr oder minder calvinistischen Erziehung zusammen. Ich gönne mir keine Pause, weil ich ständig in Betrieb sein muss; sonst fühle ich mich schuldig. Da ist durchaus was dran. Aber was hilft da die Selbsterkenntnis? Wenn man doch willentlich nichts daran ändern kann? Schuldgefühl ist nunmal mit Ratio nicht beizukommen.

Argenton-sur-Creuse ist jedenfalls der entspannten Betrachtung eigener Mängel zuträglich. Ich weiß zwar immer noch nicht, wie ich mein Problem lösen kann, aber ich arbeite dran.