Tour-Tagebuch: in den letzten Sonnenstrahlen am Küchentisch
Einen der vermutlich letzten schönen Sonntage in diesem Jahr haben wir für eine Radtour durch den Frankfurter Westen genutzt. Es ging von Sachsenhausen aus am südlichen Main-Ufer entlang nach Schwanheim, dann um den Industrie-Park Hoechst herum nach Sindlingen und von dort aus über Höchst an der Nidda entlang nach Praunheim. Keine großen Höhenunterschiede, also keine besonderen Herausforderungen für die Bergbeine; dafür wunderbares Sonnenwetter und gemütliches Geradel.
In Schwanheim haben wir Wurst-Pause gemacht. Dort war nämlich heute Kerb. Derlei Ereignisse sind mir aus meiner Kindheit noch in lebhafter Erinnerung. Ich glaube, es hat sich seither absolut nichts verändert. Selbst die Fahrgeschäfte sind noch die gleichen und die Plüschtiere an der Losbude kamen mir auch seltsam vertraut vor. Einzig die Kinderwagen, die von genervten Müttern und leicht angeheiterten Vätern durch das Bierzelt geschoben wurden, sind in der Zwischenzeit modernisiert worden. Auf der Sonnenterrasse vor dem Bierzelt saßen die Honoratioren, sowie die Schwanheimer Haute Volée - aus Anlaß des gesellschaftlichen Ereignisses aufgebrezelt bis zum Geht-nicht-mehr. Eine Wasserstoff-Blondine neben der anderen, alle mit etwas zuviel Schminke im Gesicht. Vielleicht ist der osteuropäische Akzent neu.
Gemessen am nachmittäglichen Bier-Pegel in Schwanheim hatte die Nidda eine extrem niedrige Wasserführung. Wir sind von der Nidda-Mündung bis zum Praunheimer Wehr hochgefahren. Die Wehre waren alle weit geöffnet. Das Wasser rauschte nur so hindurch und die schlammigen Ufer mit allen alten schlammbedeckten Bierflaschen und Cola-Dosen lag offen zu Tage. Ein ziemlich melancholischer Anblick, finde ich. Die Frage ist: Warum wurden die Wehre denn eigentlich geöffnet? Der Rödelheimer Altarm war völlig trocken gefallen. C. hat zwei Hypothesen aufgestellt. Entweder wollte man das Flußbett gewissermaßen durchspülen - Großreinemachen im Spätsommer; oder man will Reserven schaffen für erwartete hohe Herbst-Regenfälle. Beides klingt meiner Meinung nach absolut bescheuert. Meine Altarm-Hypothese ist allerdings auch nicht sehr viel besser. Um neue Altarme anzulegen braucht man ja kein Niedrigwasser, sondern man macht den Durchstich ganz am Ende der Sanierungsmaßnahme. Das Nidda-Niedrigwasser hat uns also einigermaßen ratlos zurück gelassen. Ein Effekt allerdings ist, dass die ganzen alten Sünden wieder ans Tageslicht kommen. Nichts ist auf ewig begraben.