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15. Februar 2008

Kulturgut Blutwurst

Noch nicht hell

Im Gefolge meiner gestrigen Hommage an Matthias Beltz habe ich Blutwurst-Recherchen betrieben. Dabei bin ich auf die Blutwurstmanufaktur gestossen, einem Webshop für alle Produkte rund um die preisgekrönte Blutwurst. Geleitet wird die Blutwurstmanufaktur vom Blutwurstritter Benser. Den Orden der Blutwurstritter (Confrérie des Chevaliers du Goûte Boudin) gibt es übrigens wirklich. Die veranstalten einmal im Jahr einen Blutwurst-Wettbewerb mit Hunderten von Teilnehmern.

Das schönste an der Blutwurstmanufaktur ist aber, dass es auf ihrer Website einen Eintrag zum Thema 'Produktphilosophie' gibt. Nun wüßte ich nicht, was es an der Philosophie des Produkts 'Blutwurst' mißzuverstehen geben könnte. Peter Kubelka - eigentlich Filmemacher, aber mit Tendenz zum Koch - hat sich im Rahmen einer im Fernsehen ausgestrahlten Diskussion zum Thema 'Naturverhältnisse - Das Tier als Lebensmittel' vor einer ganzen Weile mit folgenden Worten als Philosoph der Wurst geoutet:

"Eine Bockwurst ist ein paradiesisches Tier. Dieses hat eine Außenhaut, einen ganzen Körper und enthält nichts, was man nicht sofort essen kann - man muss nichts ausspucken, keine Gräten rausziehen oder Knochen brechen. Es ist mit Gewürzen und Düften, die zu meiner Kultur gehören, zu einer Metapher verbunden."
Peter Kubelka

Die Wurst ist also Teil des vertrauten kulturellen Kontextes oder, anders ausgedrückt: Wurst ist Heimat! Die Produktphilosophie der Blutwurst im Sinne der gleichnamigen Manufaktur ist allerdings pragmatischer und eher morgens um sechs in der Wurstküche angesiedelt. Man hört die Schweine zwar nicht mehr grunzen, aber saftig und dampfend scheint es dennoch zu sein. Übrigens besteht die Philosophie des Produkts Blutwurst laut Manufaktur im Wesentlichen im eigenhändigen Zerlegen und in der Umsetzung großväterlicher Rezepte. Überhaupt scheinen die Österreicher ein zärtlicheres und sinnenfroheres Verhältnis zur Wurst zu haben als Deutsche, wie auch dieses Bild zeigt: Sitzkomfort im Deix-Museum in Krems. Der Unterschied ist: In Deutschland kommt die Wurst aus der heimatlichen Küche, in Frankreich aus der adeligen Ritterschaft und in Österreich direkt aus dem Paradies.