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5. Februar 2008

Sicheres Reisen heute

Nachts ist's dunkler als daheim

Während der letzten Tage beschäftigt mich eine Perle der Reiseliteratur: ein Einweg-Produkt von Jean-Christophe Grangé. Wir haben es mit hierbei mit einem Krimi-Autor zu tun. Damit das alle merken, ist der ermittelnde Kommissar Mathieu Durey so unglaublich cool, dass es kaum auszuhalten ist.

Spätestens auf jeder zweiten Seite wird uns sein Waffenarsenal vor Augen geführt. Für einen Waffen-Depp wie mich, die es bislang noch nicht für nötig befunden hat, mich außer mit Schlüsselbund, Schweizer Taschenmesser und Tränengas-Patrone mit weiteren wehrhaften Utensilien auszurüsten, ist das ein Buch mit sieben Siegeln. Macht aber nichts. Jean-Christophe denkt ja beim Schreiben auch an solche Trottel wie mich. Zum Beispiel an der gleich zu zitierenden Stelle.

Vorher kurz noch soviel zum Setting: Den Kommissar hat sein bisheriger Weg mit dem Auto von Paris über den französischen und Schweizer Jura bis nach Mailand geführt. Dabei hat er auf gut 350 Seiten nicht eine Sekunde an einer Tankstelle verbracht. Und dabei hat er mit einem Audi eine Strecke von rund 850 km zurückgelegt! Von Mailand aus nimmt er aber dann den Flieger, weil böse Verfolger (deren Identität mir noch nicht enthüllt wurde) ihn und sein Auto an der italienischen Grenze schrotten wollten, was ihnen im Fall des Wagens auch gelingt. Aus dieser Bredouille hilft ihm unbürokratisch ein Mailänder Kollege; dieser besteht jedoch auf dem Einsammeln sämtlicher Waffen. Scheinbar wehrlos fliegt Durey also nach Catania und berichtet:

"Ich beschloss, außerhalb zu frühstücken, um mich mit der Stadt vertraut zu machen. Doch zunächst setzte ich meine zweite Automatik zusammen, eine Glock, die ich zerlegt hatte, um unbemerkt durch die Sicherheitskontrollen am Flughafen zu gelangen (die Metalldetektoren schlugen bei dieser Waffe aus Kunststoff nicht an), dann steckte ich sie in ihr Futteral aus schwarzem Cordura."
Das Herz der Hölle, Jean-Christophe Grangé

Also Wahnsinn! Habt ihr die didaktischen Wendungen bemerkt? Zum ersten: Durey versteht wirklich was von Sicherheit, denn er hat eine zweite Automatik dabei! Und dann hat er die Waffe zerlegt, damit a) sein Kollege und b) die Security am Airport sie nicht findet. Mittlerweile ist jedoch praktisch jeder flugerfahren und weiß, obacht, am Flughafen hat's Metalldetektoren. Die hätten die Waffe doch finden müssen, egal ob zerlegt oder nicht! Aber, man beachte die Klammer: Eine Glock kann aus Kunststoff bestehen und dann merkt der Metalldetektor nichts. Gerissen! Hier war zwar der Wunsch offensichtlich Vater des Gedankens - aber kleinere Ungenauigkeiten seien Jean-Christophe angesichts des meines Erachtens weitaus gravierenderen Tankstellen-Lapsus nachgesehen.

Und ich hab noch vierhundert packende Seiten vor mir! Helau!

1 Kommentar:

Nico hat gesagt…

Recherchieren gehört auch zum Schreiberberuf! Der Fehler sei aber verziehen, falls die Story unterhält. Ich jedoch hätte mir an deiner Stelle gar nicht die Mühe gemacht, mich mit den Waffen auseinanderzusetzen. Unnötigste Erfindung der Menschheit (Platz 2: Sudoku, Platz 3: Kaugummi). ;)