Dunkelheit umwogt die Beine des Küchentischs
Die letzten Tage habe ich den geheimen Teilhaber von Joseph Conrad gelesen. Eine ziemliche Enttäuschung. Diese Novelle aus dem Jahr 1909 scheint eine Art Fingerübung für Schattenlinie (1917) gewesen zu sein. Sie ist dermaßen überladen mit Symbolen für einen Übergang, eine Initiation, dass man völlig betäubt davon ist. Das ist Psychologie mit dem Vorschlaghammer. Die interessante Frage wäre dann, wie Conrad auf die Idee kam, im Titel das Wort "secret" zu verwenden; subtil ist das alles nämlich nicht. Eine schöne Stelle hab ich dann doch noch gefunden:
"Eine Grupper kahler Inselchen, die an Ruinen von Mauern, Türmen und Blockhäusern erinnerten, erhob sich zur Linken aus dem blauen Meer, das wie erstarrt wirkte, so ruhig und unbeweglich lag es zu meinen Füßen; selbst die Lichtbahn der untergehenden Sonne leuchtete mild, ohne das lebhafte Glitzern, das von einem unmerklichen Gekräusel des Wassers zeugt. Und als ich mich umwandte, um einen Abschiedsblick auf den Schlepper zu werfen, der uns soeben verlassen hatte - wir waren außerhalb der Barre vor Anker gegangen -, sah ich die gerade Linie der flachen Küste in vollkommener Geschlossenheit an das unbewegliche Meer geschmiegt - in einer Ebene, halb braun, halb blau unter der riesigen Kuppel des Himmels."
Es ist ein Bild völliger Ruhe und Bewegungslosigkeit. Und damit das auch der letzte Depp kapiert, folgt auf der nächsten Seite:
"Am Ausgangspunkt einer langen Reise schwamm es ganz ruhig in einer unermesslichen Stille, die untergehende Sonne warf die Schatten seiner Rundhölzer weit nach Osten. In diesem Augenblick war ich allein auf seinen Decks. Kein Laut war an Bord zu hören - nichts rundum regte sich, nichts lebte, nicht ein Kanu auf dem Wasser, nicht ein Vogel in der Luft, nicht eine Wolke am Himmel. In diesem atemlosen Innehalten an der Schwelle einer langen Überfahrt schienen wir unsere Tauglichkeit für das lange und mühevolle Unternehmen abzuwägen, für die Aufgabe, die wir beide vollbringen mussten - fern von jedem menschlichen Auge, nur den Himmel und das Meer als Zuschauer und Richter."
Der geheime Teilhaber, Joseph Conrad
In summa handelt es sich schon um ein Stück Reiseliteratur - auf der Entdeckungsreise zu sich selbst und damit, wie schon gesagt, die Schilderung eines Übergangs, einer Initiation. Allerdings kann man dasselbe auch besser lesen, sogar bei Conrad selbst. Schade!